Ein Beispiel für den erfolgreichen Einsatz von Building Information Modeling (BIM) ist das von der STADT UND LAND Wohnbauten-Gesellschaft aus Berlin initiierte Projekt "Senftenberger Straße". Es handelt sich hierbei um ein Projekt zum sozialen Wohnungsbau, das durch den Einsatz von BIM in Kombination mit modularem Bauen und Vorfertigung eine schnelle, erfolgreiche sowie kostengünstige Umsetzung ermöglichte.
Themen
- AWF 11 Leistungsverzeichnis, Ausschreibung, Vergabe
- AWF 14 Erstellung von Ausführungsplänen
- AWF 15 Baufortschrittskontrolle
- AWF 16 Änderungsmanagement bei Planungsänderungen
- AWF 19 Bauwerksdokumentation
- AWF 3 Visualisierungen
- AWF 9 Planungsfreigabe
- As-designed-Modell / As-planned-Modell
- Building Information Modeling
- Digitaler Zwilling
- Digitales Aufgaben- und Projektmanagement
- Digitales Raumbuch
- Fachmodell
- Industry Foundation Classes
- Kollaborationsplattform
- Kollisionsprüfung
- Mengenermittlung
- Open BIM
- Technische Gebäudeausrüstung (TGA)
Zielsetzung
Die Realisierung von Bauvorhaben soll in kürzester Zeit, zu minimalen Kosten und mit höchster Präzision erfolgen. Zu diesem Zweck wurde seitens der STADT UND LAND in Kooperation mit externen Partnern ein mehrstufiger Prozess initiiert, der die Entwicklung eines TYPENHAUS-Konzepts zur Folge hatte. Dieses Konzept ermöglicht die Errichtung von Wohneinheiten, die sich durch eine hohe Bebaubarkeit, Förderfähigkeit, Barrierefreiheit und Kombinierbarkeit auszeichnen. Zudem erlaubt es eine Differenzierung der Grundrisse. Der Planungskatalog erlaubt die Anpassung an individuelle städtebauliche Anforderungen und Qualitätsansprüche.
Vorgehensweise
Die effiziente Umsetzung digitaler Planungs-, Bau- und BIM-Methoden erfordert eine transparente Zusammenarbeit aller Beteiligten. Obwohl diese Prämisse als evident zu betrachten ist, ist die konsequente Anwendung in der deutschen Baubranche bis heute nicht zum Standard geworden. Im Projekt „Senftenberger Straße“ fand zwischen den involvierten Akteuren, darunter die Stadt und Land, Studio Mars, die Tragwerksplaner von Lossen Ingenieure sowie das TGA-Fachplanungsbüro Janowski Ingenieure, eine äußerst enge Abstimmung statt. Alle Beteiligten zeigten eine hohe Eigeninitiative und investierten Zeit. Dadurch konnte ein gegenseitiger Lernprozess beobachtet werden, der für die Umsetzung des Zeitplans und die Einhaltung der Kosten von entscheidender Bedeutung war.
Ein Beispiel für die koordinierte Zusammenarbeit
In diesem Kontext ist die Koordination der Schlitz- und Durchbruchsplanung, welche die TGA- und Tragwerksplanung sowie die Architekturplanung umfasste, von besonderer Relevanz. Für die Durchführung der Kollisionsprüfungen und der regelbasierten Qualitätskontrollen der Fachplanungen wurde die Software Solibri eingesetzt. Die resultierenden Durchbruchspläne, welche das Architekturbüro im weiteren Verlauf in seine Architekturplanung integrierte, zeichneten sich durch eine bemerkenswerte Präzision und Maßhaltigkeit aus. Zudem wurde ein signifikanter Mehrwert durch die Verwendung von Halbfertigteilen in modularer Bauweise erzielt, die eine Vorfertigung der Bauteile ermöglichte. Die modellbasierte Planung ermöglichte es, das Tragwerksmodell in den Hintergrund der Plandatei zu legen und es für die Fertigungsplanung zu verwenden. Im Vergleich zu einer konventionellen 2D-basierten Planung konnte die Bauteilplanung und -produktion um ca. 50 % gesteigert werden.
Im Projekt "Senftenberger Straße" führte die Implementierung eines koordinierten BIM-Prozesses zu signifikanten Verbesserungen in der Arbeitsweise der am Projekt beteiligten Akteure. Das Tragwerksplanungsbüro konnte seine Arbeit deutlich beschleunigen, da ihm das Architekturbüro vorab das Rohbaumodell zur Verfügung stellte. Die Optimierung des Prozesses ermöglichte eine effizientere und qualitativ hochwertigere Umsetzung. Ein weiterer Aspekt, der die Effektivität des koordinierten Ansatzes unterstreicht, ist die gemeinsame Bewältigung von Herausforderungen, die im Verlauf eines Projekts auftreten können. Das herstelleroffene IFC-Format wurde im Projekt "Senftenberger Straße" als zentrales Austauschformat genutzt, was die Verwendung von Open BIM begünstigte. Die Bandbreite der verwendeten Programme, wie Archicad für die Architekturplanung, Revit und Sofistik als Plugin für die Tragwerksplanung und Solibri für den Modelcheck, zeigt die Vielfalt der eingesetzten Software.
Die hohe Qualität und die schnellere Planung stellen wesentliche Vorteile dar. Zudem wird ein effektives, problemfreies Bauen ermöglicht, wobei eine höhere Kostensicherheit und Ersparnis erzielt werden können.
Die BIM-Planung stellt einen Aspekt dar, während die Bauausführung einen anderen Aspekt darstellt. Beide Aspekte sind miteinander verknüpft, jedoch lässt sich erst mit zunehmendem Baufortschritt beurteilen, ob die Zusammenarbeit der Beteiligten tatsächlich optimal funktionierte und wie gut die Qualität der Planung war. Im Projekt "Senftenberger Straße" in Berlin-Hellersdorf kann der vielfältige BIM-Nutzen für alle Beteiligten nach der Objektübergabe und dem Abschluss sehr genau benannt werden. So konnte die Planungszeit bei diesem Projekt um ca. 2 Monate verkürzt werden. Der Planungsprozess wurde um modellbasiertes Qualitätsmanagement und die fachübergreifende Schlitz- und Durchbruchsplanung ergänzt. Dies minimierte Planungsfehler und sparte hohe Kosten in der Roh- und Ausbauphase sowie im Gebäudebetrieb ein.
Bereits in den initialen Projektmeetings wurden eine Vielzahl potenzieller Problempunkte eliminiert, wobei die Optimierung der Planung durch eine frühzeitige Abstimmung von Bauweise, Konstruktion, Bauart und Materialien mit sämtlichen Fachplanungspartnern erfolgte. Dies resultierte bereits in der Vorplanungsphase in einer äußerst präzisen Massen- und Mengenermittlung. Auch auf der Baustelle selbst trug die modellbasierte Planung zum Erfolg des Projekts bei. Die Ausführungspläne wurden mithilfe von Softwaretools auf Smartphones und Tablets der Projektleiter, Bauleiter und Poliere verteilt (Software: DALUX). In Besprechungen vor Ort mit den Nachunternehmern kam das Bauwerksmodell ebenfalls zum Einsatz, wodurch das Projekt schnell erfasst und verschiedene Detailpunkte direkt am digitalen Modell abgeklärt werden konnten.
Fazit
Das Wohnungsbauprojekt in der Senftenberger Straße demonstriert eindrucksvoll, dass sich der Einsatz der digitalen Planungsmethode Building Information Modeling (BIM) für eine Vielzahl von Projekten als vorteilhaft erweist, unabhängig von der Projektgröße, dem architektonischen Gestaltungskonzept oder der Komplexität. Im konkreten Projekt konnte die Planungsphase signifikant verkürzt und die Umsetzungsqualität auf der Baustelle durch den BIM-Einsatz erheblich gesteigert werden. Dies war jedoch nur durch den Willen aller Projektbeteiligten zur lösungsorientierten Zusammenarbeit sowie ein Qualitätsmanagement, das auf eine modellbasierte Planung zurückgreift, möglich.
Im Frühjahr 2023 wurden insgesamt 150 Wohneinheiten an die Wohnungsbaugesellschaft STADT UND LAND übergeben werden, wobei 75 Wohneinheiten eine Förderung des Landes Berlin erhielten. Das Bauunternehmen OTTO WULFF fungierte als Generalunternehmer des Modellprojekts für den Einsatz von Building Information Modeling (BIM) auch im sozialen Wohnungsbau. Die zwei L-förmigen, fünfgeschossigen Wohnhäuser an der Senftenberger Straße 12-22 sind in fußläufiger Entfernung zum U-Bahnhof Hellersdorf gelegen und zeichnen sich durch eine ausgezeichnete Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr aus. Die flexibel nutzbaren, barrierearmen Grundrisse der 2 bis 6-Zimmer-Wohnungen sind mit einem Balkon oder einer Terrasse ausgestattet.