In den letzten Jahren wurden bundeseinheitliche Standards zum Austausch von Informationen bei bauordnungsrechtlichen Verwaltungsverfahren geschaffen. Die Anforderungen an BIM-Modelle für die Verwaltungsverfahren wurden jedoch bisher nicht detailliert betrachtet. Die wesentliche Forschungsfrage war daher, inwiefern BIM-Modelle zur Umsetzung bei bauordnungsrechtlichen Verwaltungsverfahren, wie z.B. dem Bauantrag, effizient genutzt werden können. Die identifizierten Anforderungen an ein BIM-basiertes Bauantragsverfahren, die sich aus einer Auswahl an zu unterstützenden Anwendungsfällen orientiert, wurden in einer Modellierungsrichtlinie beschrieben. Zur Validierung des Gesamtprozesses wurden Beispielprojekte betrachtet.
Zielsetzung
Im Forschungsprojekt wurde die Nutzung von BIM-Modellen im Rahmen von bauordnungsrechtlichen Verwaltungsverfahren, insbesondere dem Baugenehmigungsverfahren, betrachtet. Im Rahmen einer Anforderungsanalyse wurden zunächst die Musterbauordnung und die Landesbauordnungen analysiert. Weiterhin wurde untersucht, wie das Zusammenspiel des Bebauungsplans mit Gebäudemodellen erfolgt und welche Daten in den digitalen Bauantrag übernommen werden müssen. Basierend auf der Spezifikation des digitalen Bauantrags (XBau) wurde eine Auswahl von Verwaltungsprozessen getroffen, die im Forschungsprojekt genauer betrachtet wurden.
Für den Gesamtprozess des BIM-basierten Bauantrags wurde ein Systemkonzept entwickelt. Dreh- und Angelpunkt des Konzepts ist eine digitale Schnittstelle auf Behördenseite, die digitale Planungsgrundlagen bereitstellt, digitale Bauanträge entgegen nimmt und die digitale prozessbasierte Kommunikation zwischen Antragsteller und Behörden ermöglicht. In einem ersten Schritt stellt die Schnittstelle digitale Bebauungspläne (XPlanung) bereit, welche ggf. noch durch Vermesser ergänzt oder korrigiert werden müssen. Der Architekt importiert anschließend die Ausgangsdaten in seine Fachapplikation und erstellt darauf aufbauend das BIM-Modell. Anschließend werden im Rahmen der Genehmigungsplanung die erforderlichen Modelle (und ggf. Pläne) erstellt und das digitale Formular für den Bauantrag ausgefüllt. Hierbei können bestimmte Informationen bereits aus dem BIM-Modell in den Bauantrag übernommen werden. Weiterhin hat der Antragsteller die Möglichkeit das BIM-Modell vorprüfen zu lassen, indem er mit geeigneter Prüfsoftware sein Modell regelbasiert prüft. Dadurch können unnötige Iterationsschleifen wegen ?Fehlern? im Modell hinsichtlich des Genehmigungsverfahrens bereits vor der Abgabe erkannt und vermieden werden. Nach erfolgter Prüfung wird der digitale Bauantrag (XBau) zusammen mit dem BIM-Modell und weiteren benötigten Plänen an die Behörden-Schnittstelle gesendet. Nach erfolgter Einreichung werden behördenintern fachbezogene Prüfungen durchgeführt. Auf Behördenseite kann entweder das übertragene Modell zur Prüfung herangezogen werden oder, wenn die Behörde noch nicht auf BIM-Methoden umgestellt hat, die bisherige Variante mit Plänen (digital) verwendet werden. Alle weiteren Schritte verlaufen digital bis hin zur Genehmigung. Zur modellbasierten Kommunikation (d.h. Anmerkungen/Kommentare direkt am Modell) ist der Einsatz von kollaborativen BIM-fähigen Formaten vorgesehen.
Um eine konsistente und vollständige Datenübernahme aus einem BIM-Modell in das digitale Bauantragsformular zu gewährleisten, wurden eindeutige Anforderungen an das zu erstellende BIM-Modell formuliert und in einer Modellierungsrichtlinie zusammengefasst. Die im Projekt erstellte Modellierungsrichtlinie erweitert als Anwendungsfall-spezifische Modellierungsrichtlinie für den Anwendungsfall "Bauantrag" allgemeingültige Anforderungen an BIM-Modelle. Die Anforderungen unterteilen sich in semantische und geometrische Anforderungen. Semantische Anforderungen schreiben bestimmte Attribuierungen der Entitäten im BIM-Modell vor, beispielsweise die Verknüpfung des Projektbaums mit initialen Bauwerksinformationen, wie Adresse, Bauweise, Gebäudeklasse, etc. Geometrische Anforderungen beschreiben einerseits Vorgehensweisen zur korrekten Verortung des BIM-Modells, sodass eine geometrische Abstimmung mit Lage- und/oder Bebauungsplänen erfolgen kann. Andererseits werden Vorgehensweisen zur Kennzeichnung und zur Klassifizierung von Flächen und Räumen beschrieben, durch die insbesondere die Modellierung von Raumobjekten konsistent realisiert wird.
Gegenwärtige Stand/Fazit
Mit dem im Forschungsprojekt entwickelten Referenzprozess wird basierend auf Open BIM-Formaten eine Vorgehensweise zur zielgerichteten Erstellung und Bearbeitung von BIM-basierten Bauanträgen beschrieben. Vorteile des Modell-basierten Ansatzes werden gezielt genutzt, um Prozesse effizienter und transparenter zu gestalten.
Für die Einführung eines BIM-basierten Verfahrens für den Bauantrag sind die gesetzlichen Regelungen entsprechend anzupassen, sodass neben der bisherigen Form auch eine BIM-basierte Abgabe ermöglicht wird. Hierbei ist rechtlich klar zu unterscheiden zwischen einem "digitalen Bauantrag" und dem "BIM-basierten Bauantrag". Während der digitale Bauantrag im Wesentlichen nur eine Digitalisierung des bisher analogen Verfahrens umfasst, d.h. statt auf Papier werden die einzureichenden Unterlagen und Pläne als digitale Dokumente (z.B. im PDF-Format) eingereicht, werden beim BIM-basierten Bauantrag BIM-Modelle statt bzw. ergänzend zu Plänen eingereicht. Es ist klar zu regeln, welche Anforderungen an die einzureichenden digitalen Unterlagen und Modelle gelten. Entsprechende Modellierungsrichtlinien sind bereit zu stellen, die die Anforderungen eindeutig beschreiben. Die Modellierungsrichtlinie aus diesem Projekt kann hierzu als eine erste Ausgangsbasis dienen.
Das deutsche Bauordnungsrecht ist durch regionale Unterschiede gekennzeichnet, baut jedoch auf einer gemeinsamen Grundlage, der Musterbauordnung, auf. Im Zuge der Digitalisierung der bauordnungsrechtlichen Prozesse sollte dieser Ansatz weiterverfolgt werden und, wenn möglich, versucht werden, regionale Unterschiede zu verringern. Ziel sollte es sein, eine bundesweite Vereinheitlichung bzw. Harmonisierung der Baugenehmigungsverfahren und der darin beinhalteten Vorgehensweisen zu erreichen. Die Einführung des BIM-basierten Verfahrens sollte durch Pilotprojekte unter Einbindung von Planern, Prüfern und Bauaufsichten zur Prozessoptimierung begleitet werden, um Probleme rechtzeitig identifizieren und Verbesserungsvorschläge einbringen zu können. In diesem Zusammenhang sollten auch Widersprüche zwischen Arbeits- und Bauordnungsrecht identifiziert und behoben werden.
Die Projektergebnisse umfassen einen ausführlichen Abschlussbericht, eine Modellierungsrichtlinie für das BIM-basierte Bauantragsverfahren, Präsentationen zur Veranschaulichung der Projektergebnisse, Beispielprojekte, maschinenlesbare Spezifikationen, sowie den Quellcode der entwickelten prototypischen Software. Nähere Informationen zum Projekt und die veröffentlichten Projektergebnisse findet man unter: www.bimbauantrag.de
Im Projektfilm zum BIM-basierten Bauantrag erfahren Sie mehr über Abläufe und Vorteile: Verfügbar auf Youtube