Digitaler Bauantrag: Der Weg in die Zukunft der Bauverwaltung


Der digitale Bauantrag findet immer mehr Verbreitung. Mit wachsender Zahl bieten die Bauämter in verschiedenen Bundesländern die Möglichkeit an, Bauanträge online einzureichen und zu bearbeiten. Dies spart Zeit und erhöht Flexibilität und Effizienz. Davon profitieren Behörden ebenso wie einreichende Planer und Bauherren.

Der digitale Bauantrag nimmt immer mehr an Bedeutung zu. Die zunächst für Mecklenburg-Vorpommern entwickelte „Eine für Alle-Lösung Digitale Baugenehmigung“ (EfA-Lösung) wird inzwischen in elf Bundesländern und dort bei rund 130 Bauämtern eingesetzt. Seit dem Start im Jahr 2021 wurden bereits mehr als 7.600 Anträge (Stand 1. November 2024) über das freiwillige und dabei politisch stark geförderte und vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauen ausdrücklich gewünschte System abgewickelt. Ein Vielfaches der noch überschaubaren Zahl an Einreichungen ist jedoch geplant: „Bis Ende des 1. Quartals 2025 sollen rund 600 Bauämter digital arbeiten – möglicherweise schon früher“, schätzt Andreas Fiedler, Projektleiter e-Government / Digitale Verwaltung bei der brain SCC GmbH, welche die EfA-Fokusleistung für das Baugenehmigungsverfahren im Auftrag des Landes Mecklenburg-Vorpommern entwickelt hat. Damit ist der digitale Bauantrag noch nicht am Ziel. Weitere Kommunen haben Interesse bekundet, sich dem Netzwerk anzuschließen bzw. haben bereits Zusagen abgegeben. 

Effizienzsteigerung durch digitale Zusammenarbeit

Die EfA-Lösungen soll zukünftig eine breite Palette von Verwaltungsleistungen abdecken, die von der Abbruchgenehmigung über die Baugenehmigung bis hin zur Veränderungssperre für verfahrensfreie Bauvorhaben und Widerspruchsverfahren reicht.  So sind bei der EfA-Lösung derzeit 28 verschiedene Leistungen im „digitalen Vorgangsraum“ umsetzbar, wobei die Bauherrnschaft, Architekturbüro und Behörde digital zusammenarbeiten können. Die Bauherrnschaft kann den Antrag sowohl selbst einreichen als auch die Entwurfsverfasser (zum Beispiel das planende Architekturbüro) in den Vorgangsraum einladen und so direkt in den Prozess einbeziehen. Die Kommunikation im Prüfverfahren erfolgt im Vorgangsraum vollständig digital. Beteiligte Stellen haben die Möglichkeit, Stellungnahmen abzugeben und Fragen zu klären. Die Zustellung des Bescheids erfolgt ebenfalls digital und die Gebühr kann online bezahlt werden. In diesem Zusammenhang entfällt auch die traditionelle Schriftform für die Antragseinreichung vollständig. Eine Unterschrift ist für den digitalen Bauantrag mit der EfA-Lösung nicht mehr erforderlich – die Anmeldung über das persönliche Nutzerkonto reicht als Legitimation aus; für Aufgaben, die ein höheres Vertrauensniveau erfordern, bedient man sich unaufwändig der ID-Funktion (z. B. mit der Online-Ausweisfunktion).

Zentrale Benutzerkonten für mehr Sicherheit

Die Nutzung des Portals zur Einreichung eines digitalen Bauantrags ist unkompliziert: Antragstellende gehen einfach auf die entsprechende Webseite, wählen die gewünschte Leistung aus, loggen sich ins Benutzerkonto ein und können anschließend einen Antrag erstellen. Hierfür notwendig sind lediglich ein Computer mit aktuellem Browser, ein Onlinezugang und ein Nutzerkonto, über das die Anmeldung erfolgt. Zwei Optionen stehen hierbei zur Verfügung: Das BundID-Konto oder „Mein Unternehmenskonto“. Das BundID-Konto ist ein zentrales Identifizierungssystem, das die Anmeldung für zahlreiche Online-Verwaltungsleistungen ermöglicht.  Nach der Registrierung unter id.bund.de erhalten Nutzer relevante Nachrichten und Bescheide direkt in ihr elektronisches Postfach auf der Plattform. Die Datensicherheit ist dabei vollständig gewährleistet. Alternativ können Unternehmen „Mein Unternehmenskonto“ verwenden. Dieses bietet als zentrale Anlaufstelle für digitale Verwaltungsdienste ebenfalls den Zugang zu einer Vielzahl von Verwaltungsleistungen verschiedener Behörden. Einrichtung und Nutzung erfolgen unter https://info.mein-unternehmenskonto.de

Beteiligung im digitalen Bauantrag: Effizienz durch kollaborative Zusammenarbeit

Zentrales Ziel des digitalen Bauantrags ist die Reduzierung des Arbeitsaufwands für alle Beteiligten. Dazu werden sämtliche relevanten Stellen schnell und einfach in den Antragsprozess eingebunden. Durch den Wegfall von Unterschriften und vielfachen Antragskopien, die im analogen Prozess zuvor viele Planungsordner füllen konnten, lassen sich alle Verfahrensschritte digital bearbeiten, weitergeleiten und nachverfolgen. Auf Nachforderungen oder Ergänzungsanfragen kann ebenso schnell, digital und unkompliziert reagiert werden. Anstelle von zahlreichen Unterschriften reichen nun zwei Klicks zur Freizeichnung aus, um den Antrag hochzuladen. Beteiligte Behörden, Planende und andere Fachstellen greifen direkt auf diese Unterlagen zu und geben ihre digitalen Stellungnahmen ab. Diese sind sofort für den Sachbearbeiter sichtbar, was die Kommunikation und Zusammenarbeit deutlich vereinfacht und beschleunigt. 

Anpassung an Landesrecht durch den Basisdienst

Um eine fehlerfreie sowie effiziente Übertragung der Antragsdaten zu gewährleisten, wird für den digitalen Bauantrag grundsätzlich der XBau-Standard verwendet. Dieser ermöglicht es, Anträge ohne manuelle Dateneingabe in ein Fachverfahren einzulesen. Die Entwicklung der EfA-Lösung berücksichtigte auch die Diversität des Baurechts in Deutschland. Da dieses auf Landesrecht basiert, wurde vor der Verbreitung des digitalen Bauantrags ein digitaler Basisdienst entwickelt. Dieser stellt sicher, dass die verschiedenen Bundesländer ihre spezifischen rechtlichen Anforderungen in das System integrieren können. Individuelle Konfigurationen gewährleistet die Anpassung der einzelnen Versionen des Bauantrags an das jeweilige Landesrecht. So sind in jedem Bundesland zwischen zehn und 15 Onlinedienste auf die dortigen rechtlichen Vorgaben abgestimmt. Darüber hinaus gibt es in einigen Bundesländern Sonderanträge, die ergänzend auf lokale Anforderungen zugeschnitten sind. 

Erfahrungen und Ausblick: Herausforderungen, Chancen und weitere Entwicklungen

Das Rollout des digitalen Bauantrags hat zudem gezeigt, dass seine erfolgreiche Einführung mehr erfordert als nur die technische Implementierung einer Software. Spezialist Andreas Fiedler ist überzeugt, dass es entscheidend ist, „alle Beteiligten – insbesondere die Mitarbeitenden in den Bauämtern – aktiv in den Prozess einzubinden. Die Digitalisierung im Bauwesen ist ein umfassendes Thema, das nicht nur die Technik betrifft, sondern auch Prozesse und Strukturen.“ Im Vorfeld der Einführung sind daher nicht nur Softwarelösungen zu installieren, sondern auch interne Prozesse anzupassen und die notwendigen Voraussetzungen für die Umstellung zu schaffen. Schulungen spielen dabei eine zentrale Rolle, um die Benutzer mit den neuen Lösungen vertraut zu machen.

„Wenn die Mitarbeitenden einmal anfangen, das System zu nutzen, läuft es“, sagt Fiedler: „Oft bilden sich pragmatische Teams, die die Software im Alltag einsetzen und somit zur stetigen Verbesserung des Systems beitragen. Diese aktive Nutzung ist der Schlüssel zum Erfolg. “Warum, liegt auf der Hand: Durch die ständige Interaktion mit dem System entwickeln sich Prozesse und Funktionen weiter, sodass die Digitalisierung Schritt für Schritt an Fahrt und Effizienz in den Prozessen gewinnt.

Ausblick: Neue Technologien und Perspektiven

Der digitale Bauantrag wird also ständig weiterentwickelt. Aktuell stehen unter anderem neue Antragsmöglichkeiten und Leistungen, z. B. für Fliegende Bauten oder den Denkmalschutz, im Mittelpunkt. Damit lassen sich auch komplexe und spezialisierte Bauvorhaben effizient bearbeiteten. Bei zukünftigen Entwicklungen wollen die Entwickler zudem verstärkt auf technische Innovationen setzen, um den Prozess weiter zu verbessern:

  • Building Information Modeling (BIM) spielt dabei eine wichtige Rolle. So wurde bereits ein BIM-Checker integriert und es sind größere Projekte geplant, bei denen BIM-Modelle hochgeladen, geprüft und in den Bauantragsprozess integriert werden. Ziel ist, den gesamten Genehmigungsprozess so erheblich zu beschleunigen.
  • Künstliche Intelligenz (KI) ist ebenfalls eine Technologie, die mittelfristig unterstützen kann. So soll KI dazu eingesetzt werden, Bauanträge besser zu analysieren und konsistente Zusammenfassungen zu erstellen, die Prüfern und Antragstellern einen einfacheren Überblick ermöglichen. Darüber hinaus wird daran gearbeitet, Chatbots zu implementieren, um sowohl den Sachbearbeiter als auch den Antragstellenden schnelle Antworten auf ihre Fragen zu geben.
  • Geodaten wird ebenfalls eine größere Rolle eingeräumt, um beispielsweise Schutzgebiete automatisiert zu überprüfen. Dadurch lässt sich die Zeit für eine händische Prüfung verkürzen und eine Nachbarschaftsbeteiligung vereinfachen.
  • Mit einer voranschreitenden Prozessautomatisierung soll es möglich werden, vorhandene Daten und Algorithmen zu nutzen, um Routineprozesse zu automatisieren. Dies entlastet die Sachbearbeiter und gibt ihnen mehr Zeit, sich auf komplexe und schwierige Fragestellungen zu konzentrieren.

Fazit: Auf dem Weg zur vollständigen Digitalisierung

Im Rahmen der Entwicklungsagenda für das Jahr 2025 werden daher schrittweise neue Technologien und Funktionen eingeführt, um die Genehmigungsprozesse weiter zu optimieren und zu beschleunigen. Neben Technologie-Innovationen wie BIM, KI und der Einsatz von Geodaten rücken dabei auch die kleineren Unternehmen verstärkt in den Fokus, denn vor allem sie können von der Digitalisierung jeden Bauantrags maßgeblich profitieren. Neben den regionalen Ämtern und Behörden begleitet das Mittelstand-Digital Zentrum Bau Interessenten an der digitalen Baugenehmigung bei Fragen der digitalen Umsetzung im jeweiligen Unternehmen. Denn, so Andreas Fiedler: „Ein wichtiger Aspekt des digitalen Bauantrags ist dessen Zugänglichkeit für den Mittelstand, also beispielsweise für kleinere Architekturbüros“ und er ergänzt nicht ohne Stolz: „Dies erhöht die Flexibilität und Effizienz der Büros, insbesondere, wenn diese bereits über digitalisierte Planungsprozesse verfügen. Stellte die fehlende Digitalisierung in der Verwaltung bisher eine Hürde dar, so kann diese nun überwunden werden!“ 

Autorin: Christine Ryll


08.01.2025