Nachhaltiger Betrieb: Gecheckt und zertifiziert


Die Offenlegung von nachhaltigkeitsbezogenen Kennwerten ist aktuell nur für große, Unternehmen verpflichtend, jedoch müssen sich auch kleine und mittlere Unternehmen darauf vorbereiten, indirekt als Zulieferer und Auftragnehmer großer Unternehmen nach Aspekten ihrer Nachhaltigkeit befragt zu werden. Welche Möglichkeiten gibt es, in dieses Thema einzusteigen?

Mit dem 01. Januar 2023 sind alle sechs Umweltziele (Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, Wasser-/Meeresschutz, Kreislaufwirtschaft, Umweltverschmutzung und Biodiversität/Ökosysteme) der EU-Taxonomie-Verordnung zur objektiven Bewertung der Nachhaltigkeit aktiv und werden zur Beurteilung der Nachhaltigkeit von Wirtschaftsleistungen herangezogen. Diese Taxonomie ist als Informationsquelle und Steuerungsmöglichkeit gedacht, um Finanzströme in nachhaltige, insbesondere CO2-neutrale Investitionen zu lenken.

Die Offenlegung von nachhaltigkeitsbezogenen Kennwerten über CSR-Berichte (Corporate Social Responsibility=gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen im Sinne eines nachhaltigen Wirtschaftens) ist zwar aktuell nur für große, kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern, deren Bilanzsumme größer 20 Millionen Euro oder deren Nettoumsatz größer 40 Millionen Euro jährlich ist, verpflichtend, jedoch müssen sich auch kleine und mittlere Unternehmen darauf vorbereiten, indirekt als Zulieferer und Auftragnehmer großer Unternehmen nach Aspekten ihrer Nachhaltigkeit befragt zu werden. Nachhaltigkeit wird sowohl durch die zunehmende Nachfrage und Forderung von Auftraggebern als auch von Kunden, ein relevantes Merkmal zukunftsorientierter Unternehmen darstellen, ohne dessen Berücksichtigung beispielsweise der Zugang zu Fördermitteln der EU, als auch die Relevanz auf dem Markt beeinträchtigt werden kann.

 

Nachhaltigkeit prüfen, Ziele bestimmen und Maßnahmen entwickeln

Für kleinere und mittlere Unternehmen ist es weitaus aufwendiger und herausfordernder komplexe Kennzahlen zu Umweltauswirkungen ihres Betriebes zu erheben, da es häufig an Wissen und Ressourcen dafür mangelt, als es das für berichtspflichtige große Unternehmen ist. Um mittelständische Unternehmen zu unterstützen, in Sachen Nachhaltigkeit nicht den Anschluss zu verlieren, erarbeiten Bund, Länder und verschiedene Institutionen du Organisationen seit Längerem Konzepte und Hilfestellungen, die es ermöglichen sollen, niederschwellig in diese Thematik einzusteigen. Beginnen Sie z. B mit einer Bestandsaufnahme ihrer betrieblichen Nachhaltigkeit, setzen Sie sich Zielen und entwickeln Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit.

Der Nachhaltigkeits-Navigator Handwerk stellt hierbei z. B. ein umfassendes Instrument dar, mit dessen Hilfe Firmen eine Bestandsaufnahme ihrer betrieblichen Nachhaltigkeit beginnen können und Schritt für Schritt einen Bericht nach dem anerkannten Standard des Deutscher Nachhaltigkeitskodex (DNK) erstellen können.

Als weiteres Beispiel stellt das Bayerische Landesamt für Umwelt auf seiner Webseite eine Checkliste für das Nachhaltigkeitsmanagement von KMU zur Verfügung, welche in das Thema einführt und es ermöglicht, Lücken im eigenen Nachhaltigkeitsmanagement zu erkennen und gegebenenfalls zu schließen. Diese Checkliste baut auf den drei ESG-Nachhaltigkeitsthemen (Environment=Umwelt, Social=Soziales und Governance=Unternehmensführung) auf, die für ein Unternehmen wichtig sind.

Für Unternehmen, die schnell eine erste Orientierung bekommen, wie nachhaltig sie aufgestellt sind, bietet der CSR-Self-Check oder die Checkliste Nachhaltigkeit im Handwerk eine Einstiegsoption.

Auch bieten vielfach die örtlichen Industrie- und Handelskammern (z. B. IHK Berlin) und Handwerkskammern Checklisten und Unterstützung beim Einstieg in nachhaltiges Wirtschaften für Unternehmen.

 

Nachhaltigkeit kennzeichnen oder zertifizieren lassen

Ein Weg für Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsbestrebungen nach außen zu tragen und sichtbar zu machen ist der Erwerb von Siegeln, Kennzeichen und Zertifikaten. Diese Zertifikate können beispielsweise von öffentlich-rechtlichen Instanzen, Normierungsorganisationen, Instituten und Vereinen vergeben werden und spiegeln das Engagement der Unternehmen wider. Da Nachhaltigkeit viele Bereiche eines Unternehmens durchzieht, ist dessen Zertifizierung sehr umfassend. Dementsprechend ist die Anzahl an Siegeln und Zertifikaten für nachhaltige Betriebe, die sowohl ökologische, ökonomische und auch soziale Nachhaltigkeitsthemen beinhalten, noch gering.

Als Siegel für Handwerksbetriebe der Bauwirtschaft ist beispielsweise das in Baden-Württemberg angebotene Meisterhaft-Siegel mit Schwerpunkt Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu nennen. Das Zertifikat ist in drei Abstufungen erhältlich, von einer Eigenerklärung ausgehend, die mit jeder Stufe um Anforderungen wächst. Die Eigenerklärung ähnelt auch hier einer Checkliste mit Kriterien aus dem Bereich des Unternehmensmanagement und den Bauprojekten, die von einem nachhaltigen modernen Betrieb erbracht werden sollten. Um die weiteren Stufen des Siegels zu erreichen, ist eine regelmäßige Teilnahme an Weiterbildung und die unabhängige Prüfung und Zertifizierung erforderlich.

Über die Handwerkskammern im Land Niedersachen können Unternehmen ein Siegel bzw. eine Kennzeichnung für nachhaltige Betriebe erhalten. Die Handwerkskammer begleiten dabei Unternehmen, die ihren Betrieb strategisch nachhaltig ausrichten wollen oder bereits Nachhaltigkeitsmaßnahmen umgesetzt haben. Hierbei wird sich an dem bereits erwähnten Standard des Deutscher Nachhaltigkeitskodex orientiert.

Das Deutsche Institut für Qualitätsstandards und -prüfung e.V. (DIQP) bietet ein Siegel für nachhaltige Unternehmen an. Dieses lässt sowohl ökologische, ökonomische und soziale Aspekte je zu einem Drittel in die Bewertung einfließen und orientiert sich an den Standards der Sustainable Development Goals (=Nachhaltigkeitsziele) der Vereinten Nationen und den Elementen der DIN ISO 26000.

Eine Nachhaltigkeitsbewertung, welche sich durch ein weltweites Kunden- und Partnernetz auszeichnet, wird von EcoVadis angeboten. Damit können sie in einem ersten Schritt wieder die Nachhaltigkeit in ihrem Unternehmen bewerten. Dazu wird hier eine Bewertung in den vier Nachhaltigkeitsthemen Umwelt, Arbeits- und Menschenreche, Ethik und nachhaltige Beschaffung vorgenommen, die ebenfalls auf Angaben und Nachweisen aufbaut, welche sie über einen Online-Fragebogen übermitteln.  Diese werden von den EcoVadis-Experten analysiert und zu einer Scorecard (Bewertungskarte) zusammengefasst. Wenn Sie bei ihrer Bewertung bestimmte Kriterien erfüllen, können Sie sich für eine EcoVadis-Medaille qualifizieren. EcoVadis unterstützt sie auch dabei, Risiken in ihrer Lieferkette ausfindig machen und die Dokumentations- und Berichtspflichten gemäß BAFA-Anforderungen (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) durchzuführen.

 

Einstiegsangebot von Mittelstand-Digital

Die Ausrichtung von Unternehmen nach Nachhaltigkeitskriterien und -anforderungen wird in den kommenden Jahren steigen und ein wesentliches Merkmal und Aushängeschild sein. Sich diesem Thema zeitnah zu stellen und das Potenzial darin zu erkennen, bringt Chancen und sollte nicht ungenutzt bleiben.

Wer sich zunächst über ein kostenfreies Angebot aus dem Netzwerk Mittelstand-Digital dem Thema Nachhaltigkeit und Klimaneutralität nähern möchte, der sei auf das Unterstützungsangebot der Klima-Coaches hingewiesen. Die Klima-Coaches unterstützen Unternehmen mithilfe fachlich fundierter Quick-Checks und Erstinformationen dabei, Handlungsoptionen für die Transformation zur Klimaneutralität aufzuzeigen. Sie geben einen Marktüberblick über Digitalisierungslösungen, die den Weg in die Klimaneutralität unterstützen und zeigen Wege durchs Zertifizierungsdickicht auf.


20.10.2023