Städtebau im Generationenwandel


Im Zuge der älter werden Bevölkerungsstruktur müssen die Städte den besonderen Anforderungen von Senioren künftig vermehrt gerecht werden. Die Digitalisierung unterstützt dabei und macht unter anderem Sitzgelegenheiten, Beleuchtung oder Ampelanlagen smart.

1960 war 28 Prozent der Bevölkerung hierzulande unter 20 Jahre alt und nur jeder Zehnte 67 Jahre und älter. Mittlerweile geht die Zahl der Jungen in unserer Gesellschaft immer mehr zurück, die Zahl der Alten steigt. Wenn die Prognosen Recht behalten, werden 2050 nur mehr 17 Prozent der Deutschen jünger sein als 20 Jahre, während der Anteil der über 67 Jährigen bei 27 Prozent liegen wird.

Anpassung im Generationenwandel

Diesem Generationenwandel muss sich unsere Umgebung und die Architektur zwangsläufig anpassen. Damit Senioren so lange wie möglich selbstbestimmt leben können, ist es nicht nur erforderlich, dass sich nicht nur Wohnungen und Häuser an ihren Bedürfnissen orientieren und beispielsweise die Prinzipien der Barrierefreiheit umsetzen. Auch die Städte stehen vor der Herausforderung, dies tun, damit ihre Bewohner sich im öffentlichen Raum so gut wie möglich bewegen können. 

UrbanLife+

Das und wie dies möglich ist, machen Forschungsprojekte wie das UrbanLife+ in Mönchengladbach deutlich. Dabei setzen sie gezielt auf IT und nutzen innovative Ansatzpunkte der Mensch-Technik-Interaktion (MIT). So machen sie städtebauliche Objekte – vom Stadtmobiliar über den Hauseingang bis zur Ampel und die Bushaltestelle – so smart, dass diese die Senioren bei Bedarf darin unterstützen, sich sicher in der Stadt zu bewegen. 

IT als Basis

Dazu vernetzen die intelligenten Lösungen etwa aktuelle Informatik-Entwicklungen aus der Autonomik, Industrie 4.0 und Smart Data, um z. B. Straßenlampen so zu gestalten, dass diese ihre Helligkeit dem Sehvermögen der Passanten anpassen.Mit IT-Lösungen ausgestattete Gehwege leiten Fußgänger mit Handicap automatisiert an Gefahrenstellen vorbei und wenn ein Schwächeanfall droht, lotsen intelligente Apps ihre Benutzer zur nächsten freien Bank. 

Smarte Sitzgelegenheiten 

Wie beispielsweise „Smarte Sitzgelegenheiten“ funktionieren, hat die Universität Hohenheim untersucht. Die Lösung: Auf dem Smartphone gespeicherte Informationen unterstützen Personen dabei, Sitzgelegenheiten zu ermitteln, die ihren individuellen Bedürfnissen – Sitzhöhe, Distanz, Anlehnmöglichkeit usw. – entsprechen. Ebenfalls per Smartphone können jene Personen die gewünschten Sitzgelegenheiten im Anschluss reservieren und sich über smarte Wegweiser zu den mit Bluetooth-Technologie ausgestatteten Sitzgelegenheiten führen lassen. 

Adaptive Beleuchtung

Auch die Universität Leipzig hat sich mit den Herausforderungen des Städtebaus im Hinblick auf den Generationenwandel beschäftigt. Sie hat im FuE-Vorhaben „Adaptive Beleuchtung“ ein smartes und mit Bluetooth Low Energie ausgestattetes Beleuchtungssystem konzipiert, das seine Farbe und Intensität an die Bedürfnisse älterer Menschen anpasst. Dies geschieht individuell – beispielsweise über einen Chip in der Armbanduhr oder eine App auf dem Smartphone – und in Abhängigkeit von der Position, dem gewünschten Ziel und dem daraus resultierenden Weg. Adaptive Beleuchtung ist auch ein Teilprojekt des Radverkehrskonzeptes Münster 2025. In einem Pilotprojekt wurden entlang der Kanalpromenade in Münsters Süden und von der Schleuse über Corede bis nach Gelmer im Norden der Stadt adaptive Straßenleuchten installiert, die sich auf 100 Prozent der Lichtstärke aufhellen, wenn sich ein Fußgänger oder Radfahrer annähert.

Scooter Park und Informationsstrahler

Der Scooter-Park in Mönchengladbach dient Senioren als sicherer Übungsplatz für die Bewegung in der Stadt: Hier können in ihrer Mobilität eingeschränkte Personen mit Rollatoren, E-Rollstühlen und Senioren-Scootern üben, bis sie sich mit diesen Hilfsmitteln sicher im Alltag bewegen können. Ebenfalls in Mönchengladbach haben Experten mit freiwilligen Probanden auch den Einsatz der UrbanLife+-Informationsstrahler getestet. Diese weisen über dynamische Anzeigen auf Angebote aus dem Stadtquartier hin und liefern angemeldeten Benutzer darüber hinaus individuelle Vorschläge für das jeweilige Tagesprogramm.

Die Anwendungsbereiche wachsen weiter

Die Vielfalt der Ideen zur Unterstützung von älteren Menschen in der Stadt reicht aber noch weiter: Bushaltestellen, die über einen Info-Knopf verfügen, könnten Busfahrer informieren, dass hier ein bewegungseingeschränkter Mensch wartet, der länger zum Einsteigen braucht. Ein Safety-Atlas kann aufzeigen, wo Bänke und Haltestellen sind, welchen Belag der Gehsteig hat und welche Neigung der Weg. Und alles trägt dazu bei, die Städte für die ältere Generation so zu gestalten, dass sie auch im Alter lebenswert sind. 


23.08.2022